Winnetou

Winnetou

Drehbuch: Jan Berger

Winnetou ist ein dreiteiliger Fernsehfilm (Winnetou – Eine neue Welt; Winnetou – Das Geheimnis vom Silbersee; Winnetou – Der letzte Kampf) frei nach den gleichnamigen Abenteuerromanen von Karl May, dessen Veröffentlichung zwischen Weihnachten und Silvester 2016 war. Es handelt sich dabei um eine Neuinterpretation der Werke von Karl May. In allen drei Filmen führte Philipp Stölzl Regie. Die Hauptrollen spielen Nik Xhelilaj als Winnetou und Wotan Wilke Möhring als Old Shatterhand. Produziert wird die Neuauflage für den Sender RTL in Co-Produktion mit Rat Pack, Rialto Film, Tabbenoca und Mythos Film.

In den drei Filmen wird die Freundschaft des deutschen Einwanderers Karl May alias Old Shatterhand und des Apachenhäuptlings Winnetou als Abenteuerreise durch den Wilden Westen Amerikas erzählt:

1860, Arizona: Der deutsche Ingenieur Karl May möchte auf einer Eisenbahnbaustelle die „Neue Welt“ mit aufbauen. Doch als er in ein Gefecht mit Indianern verstrickt und schwer verletzt wird, ändert sich alles: Er wehrt den Häuptlingssohn Winnetou mit einem Faustschlag ab und erhält so den Namen „Old Shatterhand“. Zunächst noch ein Gefangener, verliebt er sich in die Kultur der Apachen – und in Winnetous Schwester Nscho-Tschi. So beschließt er, sich Seite an Seite mit Winnetou der Bedrohung durch die skrupellosen Eisenbahnbauer entgegenzustellen. Es ist der Beginn eines großen Abenteuers, das in der Jagd nach einem sagenumwobenen Schatz und schließlich in einem dramatischen Kampf gegen machtgierige Ölmagnaten gipfelt …

Quelle: https://karl-may-wiki.de/index.php/Winnetou_(TV-Dreiteiler_2016)

DE · 2016 · Laufzeit 270 Minuten · FSK 12 · Abenteuerfilm, Western

Drehbuch: Jan Berger
Bildgestaltung: Sten Mende
Regie: Philipp Stötzel
Produktion: Rat Pack Produktion
Sender: RTL

"[acfQuelle: RTL

Preise

Auswahl

Deutscher Fernsehpreis • Nominierung in 5 Kategorien (Bester Mehrteiler, Bester Schauspieler, Beste Kamera, Beste Musik, Beste Ausstattung) • Jupiter Award 2017 • Nominierung in Kategorien Bester TV-Film (national), Bester TV-Sarsteller (national) • Goldene Kamera 2017 • Bester Deutscher Schauspieler (Wotan Wilke Möhring)

Kritiken

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SPIEGEL ONLINE

Starkes „Winnetou“-Remake„Deutscher, hm?“ – „Jawoll!“

RTL hat Karl May neu verfilmt. Geht das gut? Ja. Nicht nur, weil Wotan Wilke Möhring seinen Vorgänger Lex Barker mühelos in den Schatten stellt, sondern auch, weil der Film als deutsches Märchen erzählt ist.

Von 

Amerika, in den Sechzigerjahren des 19. Jahrhunderts. Menschen aus aller Welt drängen sich auf den Piers von Ellis Island. Hinter sich alte Kontinente, vor sich „die Hoffnung auf ein besseres Leben“, wie es in der Einblendung gleich am Anfang heißt. Unter den Migranten ein Mann, der nervös dem Einwanderungsbeamten entgegentritt: „Guten Tag, mein Name ist Karl May.“ – „Deutscher, hm?“ – „Jawoll!“ Und ab geht’s in der am Rechner tadellos simulierten Eisenbahn und zu jubilierenden Streicherklängen in den wilden, wilden Westen – den der geübte Zuschauer sogleich als kroatische Landschaften erkennt.

„Winnetou“, das wird schon nach wenigen Szenen deutlich, ist bei RTL in den besten Händen. Und so bleibt das auch für die folgenden fünf Stunden, die dieser opulente Weihnachtsdreiteiler aus „Eine neue Welt“, „Das Geheimnis vom Silbersee“ und „Der letzte Kampf“ in Anspruch nimmt (Regie: Phillip Stölz, „Der Medicus“). Der erste Schritt zum Gelingen dieser Adaption aber ist der Einstieg, in dem der sächsische Hochstapler Karl May kurzerhand beim Wort genommen und als Held an den Schauplatz seiner Romane versetzt wird.

Gespielt wird er von Wotan Wilke Möhring, der seinen Vorgänger Lex Barker problemlos in den Schatten stellt. Dessen Old Shatterhand war ein aufrechter Herrenmensch aus dem Nirgendwo. Möhring stellt seinen Karl May/Old Shatterhand zwar auch als reine Seele, erkennbar aber auch als Deutschen dar – mit allen Vorteilen und Macken, die das mit sich bringt. Vom verschämten Puritanismus beim Baden in der Wildnis bis zur Vereinsmeierei des gelernten Landvermessers.

Vor der obligatorischen Prügelei im Saloon erklärt May seinem Gegner: „Ich muss Sie darauf hinweisen, dass ich im Verein geboxt habe“, was mit Hohn quittiert wird. Als der Kontrahent im Staub liegt, fügt May hinzu: „Ich habe ihn gewarnt. Ich bin Mitglied im SV Saxonia 68.“ Weshalb ihn bald auch die Apachen eine alte Schmetterhand nennen.

In der nur unmerklich modernisierten Filmmusik von Martin Böttcher liegt noch der ganze Kitsch, der die alte Fassung so beliebt gemacht hat. Erträglich ist das 2016, weil – neben dem Humor – zugleich die Realismus-Regler hochgezogen wurden. Dreck sieht aus wie Dreck und Schlamm wie Schlamm, Siedler sind ansehnlich verroht. Die Indianer sprechen halbauthentisch eine indianische Sprache (Lakota) und haben, auch das ist neu, einen erfrischenden Humor.

Sie radebrechen aus schnell erklärten Gründen auch Deutsch, wie überhaupt alles Englische komplett getilgt ist aus dieser Parallelwelt. Es wirkt, als wären die Vereinigten Staaten ein Projekt nicht überwiegend angelsächsischer, sondern teutonischer Einwanderer. Womit die Drehbuchautoren (Jan Berger und Alexander Rümelin) weniger die deutsche Sehnsucht nach Weltgeltung als vielmehr die weltweite Gültigkeit von Kräften spiegeln, die das natürliche Paradies bedrohen.

Aus einer Welt aus Korruption und Geldgier schlägt sich May/Shatterhand also rasch auf die Seite von Aufrichtigkeit und Mystik. Ihm tritt das Edle und Wilde diesmal gleichberechtigt in zwei Figuren entgegen. Da ist ein jugendlicher Winnetou, den der albanische Schauspieler Nik Xhelilay („Der Albaner“) mit Witz und beeindruckender Physis vor die Kamera bringt – mit deutlich freierem Oberkörper als Pierre Brice.

Und da ist dessen Schwester Nscho-Tschi, verkörpert von der Mexikanerin Iazua Larios („Apocalypto“, Mel Gibson), die hier als Schamanin spürbar aufgewertet wird. Das gilt für alle Frauenrollen. 2016 darf die Hure einem aufdringlichen Freier auch mal stecken, dass sie ihn selbst dann nicht nähme, wenn er Land und Geld hätte: „Schätzche, dann fehlen dir noch immer Charakter, Manieren und gutes Aussehen“.

In einer kleinen Gastrolle ist mit Maria Versini die Nscho-Tschi von 1966 vertreten, Mario Adorf kehrt sogar als Santer Sr. zurück. Wie überhaupt die Besetzungspolitik bis in die winzigsten Nebenrollen anspruchsvoll und gelungen ist. Jürgen Vogelverleiht dem fiesen Rattler fast kinskihaften Irrsinn, Milan Peschel dem Sam-„Wenn ich mich nicht irre…“-Hawkens die koboldhafte Aura des skalpierten Außenseiters.

Matthias Matschke gibt den Professor Spengler, Leslie Malton eine versoffene Mrs. Bancroft. Die rothaargie Hure der Henny Reents hat wirklich ein goldenes Herz, wie es sich für einen Western gehört. Der „hässliche Joe“ des Oliver Masucci ist wirklich sehr hässlich, der mexikanische Gangster El Mas Loco (Fahri Yardim) sehr verrückt.

Überhaupt gehört zum Genre, dass die Guten als Gute und die Bösen auf den ersten Blick als Böse erkennbar bleiben. Die einzige Entwicklung, die sich im Verlauf der drei Filme beobachten lässt, ist die der Handlung zu einem versöhnlichen Ende. Zum Genre gehört auch eine gewisse Langeweile, die als Aufforderung zur wohligen Versenkung in idyllische Panoramen (Kamera: Sten Mende) verstanden werden darf. Dann geht’s.

Erträglich ist in diesem Sinne auch das leicht völkerverständliche Finale. Schließlich handelt es sich um keinen Spät-, Spaghetti-, Spätspaghetti- oder Spätzlewestern. Sondern um ein deutsches Volksmärchen. Und in genau dieser Disziplin hat die Neuverfilmung gegenüber dem womöglich ohnehin leicht überbewerteten Original aus den Sechzigerjahren in vieler Hinsicht die Nase vorn. Sie nimmt sich weniger ernst und macht gleichzeitig mehr Ernst damit, Wildwest zu spielen. Mehr Hollywood als Bad Segeberg.

Danach bleibt ein diffuses Bedauern darüber, dass es Jugoslawien nicht mehr gibt. Gerne würde man da mal Urlaub machen.