Tatort – Liebeshunger

Tatort - Liebeshunger

Buch: Rafael Solá Ferrer

Der neueste Fall der Hamburger Kripo trifft Jan Casstorff unvermittelt auch persönlich: Die 45-jährige Karin Freiberg wird ermordet in ihrer „Arbeitswohnung“ aufgefunden; sie hatte so genannten „Hausfrauensex“ angeboten – Prostitution ohne Anbindung ans Milieu. Zur Überraschung seiner Kollegen kannte Casstorff die Frau, denn er hatte vor vielen Jahren eine kurze, aber intensive Liebesaffäre mit ihr. Danach sah er sie nie wieder.

Betroffen durch den Anblick der recht übel zugerichteten Leiche, beleuchtet Casstorff zunächst den familiären Hintergrund der Toten. Er trifft auf ihren im Rollstuhl sitzenden Ehemann Joachim Freiberg und deren zwölfjährigen Sohn Felix. Mit ihrer Beschäftigung als Prostituierte hatte Karin – mit Wissen ihres Mannes – der Familie das Leben finanziert, nachdem der ehemalige Autoverkäufer nach einem Unfall seinen Job nicht mehr ausüben konnte.

Holicek ermittelt parallel im Umfeld der Arbeitswohnung: Bis auf den Hausmeister Kowalski reagieren die Mieter zwar schockiert, machen aber aus der offenen Ablehnung dieses Gewerbes in ihrem Haus keinen Hehl.

Das Ergebnis aus der Pathologie ergibt, dass Karin Freiberg nicht, wie zunächst vermutet, erwürgt wurde, sondern qualvoll erstickte – unter der Decke, die auf ihrem Körper lag. Schnell bringen die Ermittlungen weitere konkrete Hinweise: Karin teilte sich die Wohnung mit einer Kollegin Christiane, für die sie an dem besagten Tag eingesprungen ist. Hatte Christiane sterben sollen? Diese weigert sich hartnäckig, etwas zu dem Fall zu sagen, auch als sie von zwei brutalen Schutzgelderpressern zusammengeschlagen wird.

Casstorff und Holicek können diese zwar schnell festsetzen, haben aber keine Beweise. Aus der Not heraus macht Casstorff einen Deal mit ihnen und nutzt deren Kontakte in die Szene. Es sind ihre Infos über Freier, die auf brutale Fesselspielvarianten stehen, die dazu führen, dass ihnen Philipp Kochbeck ins Netz geht. Der unter seinen Neigungen leidende Kochbeck gibt zu, Karin Freiberg gegen ihren Willen für seine Spiele gefesselt zu haben, bestreitet aber den Mord.

Weitere Spurenabgleiche führen zurück in das Umfeld einzelner Hausbewohner, die weit mehr Kontakt zu den beiden Prostituierten hatten als zunächst zugegeben. So gerät Casstorff immer tiefer in die Beziehungswelt, die Karin Freiberg umgab, und gestützt von einer verständnisvollen Wanda Wilhelmi gelingt es ihm, die tragischen Zusammenhänge des Falles zu klären.

Quelle: https://www.daserste.de/unterhaltung/krimi/tatort/sendung/2010/liebeshunger-100.html

DE ‧ 2007 ‧ Drama/Kriminalfilm ‧ Länge 88 Min.

Drehbuch: Rafael Solá Ferrer
Regie: Thomas Bohn
Produktion: Studio Hamburg Produktion
Sender: NDR

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Kritiken

Auswahl

QUOTENMETER

Mit dem neuen Tatort aus dem Norden ist dem NDR ein ganz großer Wurf gelungen. Ohnehin waren die Episoden mit Robert Atzorn in der Rolle des Jan Castorff allesamt spannend und clever umgesetzt. In «Liebeshunger» konnten die Macher aber noch eine Schippe draufsetzen. Der Spannungsbogen bleibt während der gesamten Lauzeit konstant hoch – der Zuschauer wird regelrecht gefesselt von den Geschehnissen.

Obendrein behandelt der Film ein gleichermaßen trauriges wie auch wahres Thema. Die Macher sind an das brisante Thema der Prostitution mit viel Gefühl herangekommen. Entstanden ist so eine Produktion, die wie viele andere vor ihr dieses Thema aufgreifen – selten ist es jedoch mit soviel Respekt. Auch die Musik von Jan Kazda trägt ihren Teil zur fast perfekten Inszenierung bei.

Die Kommissare tappen im Mordfall zunächst im Dunkeln – irgendwie kommen die Ermittlungen nicht entscheidend voran. Dies ist möglicherweise auch der einzige Kritikpunkt am aktuellen «Tatort». Ein Fehlgriff weniger hätte möglicherweise ganz gut getan – zu viele Wendungen und zu viele unvorhergesehenen Ereignisse tun einem Film nicht zwingend gut.

Alles in allem ist der neue Fall von Jan Castorff wohl einer der spannendsten Krimis, die die ARD im Jahr 2007 bisher auf dem Sonntagabendsendeplatz gezeigt hat. Die Empfehlung kann daher nur lauten: Einschalten.